90-jähriges Jubiläum Kunitachi College of Music Tokyo | Teil 2, Tokyo

Abflugzeit: 20:45.
Es ist der 25. Januar 2017 und vier Kompositonsstudenten in Begleitung von Professor Markus Hechtle fiebern am Frankfurter Flughafen diesem ganz besonderen Ereignis entgegen: Eine Woche Aufenthalt in Tōkyō als Gäste des Kunitachi College of Music.
Niemand von uns war jemals zuvor in Japan gewesen und so stellte diese Reise, verbunden mit der Fortsetzung des Austauschprojektes, für uns alle ein sehr spannendes Erlebnis dar.

Nach zwölf Stunden Flug, den ich neben drei sehr freundlichen, älteren Japanerinnen verbracht hatte und von denen eine sogar recht gut Englisch sprach (eher eine Seltenheit in Japan), landeten wir gegen 16:15 Ortszeit am Haneda Airport in Tōkyō.
Empfangen wurden wir von Herrn Ando, dem Organisator des Projektes, der auch im vergangenen Jahr in Karlsruhe als Teil der Delegation dabei gewesen war. Nach einer freundlichen Begrüßung mit westlichem Handschlag wurde uns als allererstes das Geld für unsere Bahntickets von Karlsruhe nach Frankfurt in die Hand gedrückt. Um unsere ›Unkosten‹ zu decken. Anschließend fuhren wir mit dem Bus zu unseren Unterkünften der kommenden Woche.

Während Professor Markus Hechtle im, seinem Namen alle Ehre machenden, ›Palace Hotel‹ einquartiert wurde, fuhren wir Studenten mit dem Taxi noch etwas weiter, wo wir in einem ›Guesthouse‹ (so hies es immer in den vorangegangenen Mails) untergebracht werden sollten. Obwohl wir natürlich von Anfang an sehr dankbar über die für uns kostenlosen Unterkünfte gewesen waren, wussten wir doch nicht so recht, was uns Studenten denn nun im Vergleich zum Palace Hotel in diesem ominösen ›Guesthouse‹ erwarten würde.

Aber mit einem Gasthaus in deutschen Sinne hatte unsere Unterkunft wahrlich nichts gemein: Unweit der Haltestelle Tachikawa erwartete uns das eigene Guesthouse des Kunitachi Colleges, das, wie wir erst später erfuhren, normalerweise als Unterbringung für Gastprofessoren oder andere wichtigere Gäste der Hochschule in Anspruch genommen wird. Der von außen unauffällige Bau besteht aus zwei Wohnungen auf zwei Etagen, die ich nur grob auf eine Größe zwischen 150 und 200qm schätzen kann. Da wir zwei männliche und zwei weibliche Komponist/innen waren, durften die Ladys im ersten Obergeschoss einziehen und wir Männer in die Wohnung im Stockwerk darüber. Küche, Bad, ein separates WC, zwei Schlaf- sowie ein Arbeitszimmer, ein Waschraum und natürlich nicht zu vergessen das großräumige Wohnzimmer mit eigenem Yamaha-Flügel und Blick auf den Mount Fuji dürfen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben – man gönnt sich ja sonst nichts.
Nachdem die Ahs und Ohs unsererseits verklungen und unsere Koffer in den Zimmern verstaut waren, wurden wir von Ando-san standesgemäß zu einem Willkommensabendessen mit opulenten Platten voll Sushi, Sashimi, frittiertem Tofu, gegrillten Fleischspießen und Edamame, den obligatorischen grünen Sojabohnen, eingeladen. Mit vollen Bäuchen und erschöpft von der langen Reise ging es dann zurück in unsere Quartiere um noch genug Schlaf nachzuholen, bevor Ando-san uns am nächsten Morgen um Punkt 10:00 abholen kommen würde.

In den folgenden Tagen bestanden unsere Tagesabläufe vor allem aus einer Mischung von Proben und Führungen. Bei ersteren konnten wir das hohe Niveau der Studenten, bei letzteren zudem den weitläufigen Campus des Kunitachi Colleges, der für Deutsche eher wie ein Uni- als ein Musikhochschulcampus anmutet, bewundern. Deren großer Konzert- und Opernsaal erreicht von den Dimensionen schon fast das weltbekannte niederländische ›Concertgebouw‹. Dafür bezahlt jeder Student allerdings auch pro Semester umgerechnet 16.000€. Durch den zusätzlichen Empfang staatlicher Fördermittel sind solche Bauten und das Studienangebot natürlich eher umsetzbar, als es in Deutschland der Fall ist. 

Bei mehreren Führungen durch verschiedene Teile Tōkyōs eröffnete sich uns ein erster Blick auf die enormen Dimensionen sowie die damit einhergehende Vielfalt der Stadt. Steht man im einen Moment noch zwischen verspiegelten Wolkenkratzern aus Glas, findet man sich im nächsten in einem traditionell angelegten Park mit Tempeln oder Schreinen, liebevoll angelegten Bachläufen und akkurat geschnittenen Zierbäumen wieder. Eine private Einladung zum Abendessen des Kunitachi-Professors Shintaro Imai, bei dem er uns in seinem Zuhause empfing und mit unglaublichen Kochkünste begeisterte, rundete einen der vielen ereignisreichen Tage würdig ab.

Mittlerweile ist Konzerttag und innerhalb von zwei Stunden wird die Generalprobe durchgepaukt – diese Probe war für manche von uns auch die einzige, was durchaus eine besondere Herausforderung bot. Denn obwohl die Musiker optimal vorbereitet waren, gibt es doch in der Regel immer Anmerkungen, die man als Komponist gerne loswerden möchte. In der Generalprobe kurz vor dem Konzert allerdings nur noch schwer verinnerlichbar…

Trotzdem war das Konzert eine musikalisch hochqualitative, vielseitige und interessante Veranstaltung, besonders da wir nun auch die neuen Stücke für Shō der Kunitachi-Kompositionsklasse zu Gehör bekamen. 
Nach einem akkurat geplanten und durchgeführten Fototermin kurz nach Ende des Konzertes ging es dann auch schon bald zum gemeinsamen Abschlussessen mit, wie sollte es auch anders sein, weiteren ausladenden Platten der oben bereits aufgelisteten und vielen weiteren köstlichen japanischen Speisen. Auch Shō-Weltstar Mayumi Miyata war sich nicht zu fein um sich nach dem Essen zu uns an den Studententisch zu setzen und ein paar nette Gespräche mit uns zu führen.
Eine unheimlich liebenswürdige und herzliche Person, die bei mir, und ich bin mir sicher auch bei den Anderen, einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich unheimlich dankbar bin. Dankbar, dass das Kunitachi College of Music unsere Hochschule in Karlsruhe als Partner für dieses Projekt ausgewählt hat, dafür dass ich Teil davon sein durfte und dankbar, dass wir es mit so vielen netten und herzlichen und engagierten Personen bestreiten durften.

そのような体験をどうもありがとうございます!-  Vielen herzlichen Dank für diese Erfahrung!


Galerie: Japan Impressionen
Artikel: »faszinierendes Japan«

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